Nachhaltigkeit im Wald


„Planst du für ein Jahr, säe Korn, planst du für ein Jahrhundert, pflanze Bäume“ – so ähnlich lautet ein altes Sprichwort.

Fehlentscheidungen bei der Auswahl des Getreides werden meist bereits nach einem Jahr sichtbar. Passiert so etwas bei der Waldbewirtschaftung, bekommen das in der Regel die dafür verantwortlichen Entscheider nicht mehr mit, weil das Schadereignis erst nach 40 bis 150 Jahren eintritt. Dafür gibt es die Geschichtsschreibung. Ein Spezialgebiet ist die Forstgeschichte. Und die berichtet von Warnungen, die Forstwissenschaftler und Forstpraktiker bereits im 19.Jh. vor einer einseitig auf Holzmassenproduktion ausgerichteten Forstwirtschaft aussprachen.

Stellvertretend dafür ist der Professor für Forstwissenschaft an der Universität München, Dr. Karl Gayer. In seinem Buch „Der gemischte Wald“, erschienen 1886, sprach er sich für einen gemischten Wald aus, weil der am wenigsten Risiko gegenüber Wetterextremen und Insektenmassenvermehrungen bedeutet. Wie wir heute schmerzlich im Wald feststellen, haben sich diese Ideen leider nicht rechtzeitig flächendeckend durchgesetzt.

Wie rechtzeitig dies bei Wäldern geschehen muss, kann am Beispiel des Stadtwaldes Usingen gezeigt werden. Bereits seit Beginn der 1990er Jahre änderte sich die forstliche Bewirtschaftung in Richtung einer naturnahen Waldgestaltung. Das bedeutet: Kein Kahlschlag. Förderung von Mischbaumarten wie Kirsche, Esche, Erle. Berücksichtigung von Birken, Ebereschen und Weiden bei der Waldentwicklung statt genereller Aushieb aus den Baumkulturen. Pflanzung von selten gewordenen Baumarten wie Elsbeere, Speierling, Bergulme. Vorsichtiges Umwandeln der Fichtenmonokulturen in Mischwald durch Unterpflanzen mit Buche, Eberesche und unregelmäßige Fällungen.

Doch 30 Jahre sind eigentlich nichts im Zeitmanagement des Waldes. So hat auch Usingen in den letzten drei Jahren eine Fläche von 400 Fußballfeldern Fichtenwald durch Trockenheit und folgendem Borkenkäferbefall verloren. Das ändert nichts an der zuletzt 2013 vom Usinger Parlament fortgeschriebenen Ausrichtung an einen vielfältigen und naturgemäßen Mischwald. Um diesen Wald zu realisieren, ist weiterhin langer Atem nötig. Auch werden heute wie damals vielfältige Ansprüche an den Wald gestellt, die allermeisten mit sehr kurzfristigen Zeithorizonten. In 40 bis 150 Jahren wird sich zeigen, ob es Usingen gelungen ist, den langfristigen Zeithorizont ausreichend berücksichtigt zu haben.