Brut- und Setzzeit beachten


Es ist mehr als eine Bitte, es ist ein eindringlicher Appell, ein Notruf an alle Bürger, die sich in den kommenden Monaten in der Natur bewegen. Gemeinsam machen Forst, Nabu und Jagdgenossen mit ihren Vertretern Heinz Dienstbach und Andrea Müller, Helmut Hujer, Förster Karl-Matthias Groß und Dr. Sybille Winkelhaus auf die nun laufende Brut- und Setzzeit aufmerksam. Wie in jedem Jahr. Aber, und das ist ein Novum: Die Vereinigungen haben sich erstmals zusammen an den Tisch gesetzt, denn für manche Tierart ist es nicht mehr 5 vor 12 – sondern zu spät. Wie in jedem Jahr keimt bei allen die Hoffnung, dass sich immer mehr Bürger bei der Naturnutzung an einige Spielregeln halten.

Es geht zum Beispiel um jene Spaziergänger, die gerne mal die Wege verlassen – und damit gerade die Bodenbrüter empfindlich stören. Bei der Feldlerche etwa, die extrem vom Aussterben bedroht ist, reichen nur wenige Störungen, damit sie ihr Nest verlässt und die Brut stirbt. Oberste Regel: Auf den Wegen bleiben.

Dann wären da die Mountainbiker, die sich im Wald und querfeldein Abhänge „runter stürzen“. Abseits der eingerichteten  Trails – und damit vor allem das Rotwild empfindlich stören. Auch hier braucht’s wenig, dass Muttertiere nicht mehr zu den Jungtieren zurückkehren. Es gilt: Ausgewiesene Trails nutzen, den Wald in Ruhe lassen.

Und, wie immer, geht ein Aufruf an die Hundebesitzer. „Wir haben doch gar nichts dagegen, wenn der Hund mal ein paar Meter rechts oder links läuft“, meine Förster Groß. „Wenn er denn erzogen ist“, ergänzt Winkelhaus. Eine große Problematik sind nämlich Hunde, die nicht hören und auf die Jagd gehen – und die Hundebesitzer, die die Hinterlassenschaften nicht wegräumen.

Kot hat im Feld nichts verloren

Dass Kot in einem Feld nichts zu suchen hat, versteht sich, das alles landet nach einem Kreislauf nämlich auf dem Teller. Und es hängen nun wirklich genügend Tütenspender in der Natur aus. Aber auch Hundekot am Feldrain ist extrem ärgerlich. Denn das einmal im Jahr gemähte Gras kann deshalb nicht verwendet werden – bleibt liegen und fault. Schlecht für den Boden, ganz schlecht für die Tierwelt.

Andrea Müller, die neben den Jagdgenossen auch beim Reitverein ist, hat täglich mit dem Problem zu tun. Denn sie und Dienstbach wohnen an der Grenze ins Grün – und „mindestens 100 Hunde am Tag mit ihren Herrchen und Frauchen ziehen hier täglich vorbei. 30 Prozent von ihnen kümmern sich einen Dreck um das, was der Hund hinterlässt“, sagte sie.

Nun will niemand die Naturnutzung einschränken. Aber da bisherige Appelle wenig fruchten, wird schon mal mit einem derzeit noch nicht möglichen Bußgeld geliebäugelt. Nicht möglich, weil keine Kontrolle. Doch da Heinz Dienstbach bei der Stadt so lange gebohrt hat, bis nun der Beschluss politisch gefasst wurde, nimmt in Kürze ein Ranger seinen Dienst auf. Diese Stelle ist neu geschaffen worden. Und der soll dann vor allem auf die Einhaltung der Spielregeln achten.

„Mal wieder“ gegen Hundebesitzer

Dass es „mal wieder“ gegen Hundebesitzer geht, macht auch den genannten Protagonisten zu schaffen. „Aber hier liegt eben ein ganz großes Problem.“ Wenn selbst bei stillgelegten Flächen der einmalige Grasschnitt nicht genutzt werden könne, zudem die Tiere durch freilaufende und nicht hörende Hunde gestört würden, sei es eben diese Tierhaltung, die den Ärger mache, genauer: die Hundebesitzer. Eine Überlegung: Ein feste Wiese für Hunde, damit die Tiere mal rennen können.

Mit stillgelegten Flächen erfährt die Natur Aufwind, das zeigt sich im Bereich am Wernborner Weg. Denn dort ist der Feldhase wieder aufgetaucht. Er braucht vor allem Ruhezonen, aber die werden immer weniger. Hier treffen Interessen der Landwirtschaft und des Naturschutzes hart aufeinander. Dagegen ist das Rebhuhn im Usinger Land nicht mehr zu finden – vereinzelte Sichtungen gibt’s noch aus dem Raum Wernborn. Aber von einem Bestand ist nicht mehr die Rede. Dem Tier wurde durch das Roden von Hecken, intensive Landwirtschaft und fehlende Rückzugszonen der Garaus gemacht.

Immer wieder gibt’s mit uneinsichtigen Spaziergängern, Hundebesitzern und Radlern Konfrontationen. Dienstbach und Müller können Bücher darüber schreiben. „Das sind doch Erwachsene. Die haben doch Hirn. Wieso laufen sie dann quer über die Felder? Warum müssen brütende Vögel gestört werden? Das kann ich einfach nicht verstehen“, sagt Dienstbach.

Für alle, Forst, Nabu und Jagdgenossen steht fest: Das ganze Problem muss in der Schule fest etabliert werden – über den Lehrplan. Zwar sind Nabu und Forst vereinzelt bei Projekten in den Schulen, aber „dieses Bewusstsein für die Natur muss immer geweckt werden, mit festem Unterricht“, lautet der Ruf ans Kultusministerium.

Aber neben dem Nabu will auch die Jagdgenossenschaft nicht nur fordern. Sie hat alleine 2020 und 2021 rund 5000 Euro ausgegeben für Aufforstung, Biotope und Blühecken im Feld. Außerdem gibt’s sowieso rund einen Hektar Blühfläche im Usinger Bereich, der finanziert wird. Hinzu kommt eine Heckenpflege für Vögel im Usinger Unterwald und Oberwald. Und wenn der Stadt beim Wegebau das Geld knapp wird, gibt’s auch Unterstützung. Selbst für 2022 steht im Etat Geld für mögliche Wege-Erneuerung als Zuschuss mit drin.


Bildunterschrift: Forst, Nabu und Jagdgenossen werben bei allen Bürgern für einen vernünftigen und schonenden Umgang mit der Natur: Heinz Dienstbach, Andrea Müller, Helmut Hujer, Förster Karl-Matthias Groß und Dr. Sybille Winkelhaus (von links).


(c) Text und Bild: Andreas Burger, Taunus Zeitung/Usinger Neue Presse